Die intravenöse Reperfusionstherapie mit Thrombolytika führt beim akuten ischämischen Schlaganfall innerhalb eines Zeitfensters von 4,5 Stunden nach Beginn der Symptome zu einem insgesamt signifikant besseren funktionellen neurologischen Ergebnis und ist daher heute Standard (1, 2). Ob durch diese Therapie auch mehr Patienten überleben, ist allerdings nicht belegt.Armrehabiliations-Therapie nach Schlaganfall Es gilt die Regel: je früher die Reperfusionstherapie einsetzt, desto besser ist das neurologische Ergebnis. In der NINDS-Studie lag bei einer Thrombolyse mit Alteplase innerhalb von drei Stunden nach Beginn der Symptome die Rate einer vollständigen Erholung der neurologischen Funktion innerhalb von drei Monaten bei 38% (vs. 21% mit Plazebo; 3). Wegen des engen Zeitfensters kommen aber nur wenige Patienten mit Schlaganfall für eine Thrombolysebehandlung in Frage, und eine systemische Thrombolysetherapie führt nur bei 50-60% Patienten zu einer Eröffnung der verschlossenen Gefäße (4). Es zeichnet sich ab, dass eine mechanische Rekanalisierung des verschlossenen Hirngefäßes mittels Katheterintervention bei Patienten mit großen Insulten eine praktikable, jedoch sehr aufwändige Alternative zur intravenösen Thrombolysebehandlung ist. Bei der sog. „endovaskulären Therapie“ (EVT) wird, ähnlich wie bei der Koronarintervention, über eine Punktion der Leistenarterie ein Führungskatheter bis in die Halsschlagader vorgeführt. Hierüber wird dann ein Mikrokatheter vor das okkludierende Blutgerinnsel geschoben. Durch diesen Mikrokatheter wird schließlich ein drittes Device, der sog. Stent-Retriever, in und durch das Blutgerinnsel geschoben und dort freigesetzt. Nach einigen Minuten wird dann dieser Retriever unter Aspiration in den Einführungskatheter zurückgezogen und entfernt. Mit dieser Technik gelingt eine Reperfusion des Infarktgefäßes bei bis zu 80% der Patienten (5). Mit den (zertifizierten) Materialien sind allerdings nur proximale Verschlüsse der A. carotis interna und der A. cerebri media erreichbar, was die Methode derzeit auf große Territorialinfarkte beschränkt. Daher ist die EVT nur bei 5-10% der Schlaganfallpatienten überhaupt eine Behandlungsoption (6). Sie wird die systemische Thrombolysebehandlung nicht ersetzen, allenfalls ergänzen. Der Nutzen und die Risiken der EVT wurden nun in einer Metaanalyse berechnet (4). In diese gingen die Ergebnisse von acht multizentrischen, randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) ein, in denen eine EVT mit einer Thrombolyse verglichen wurde: IMS III (2013), MR RESCUE (2013), SYNTHESIS Expansion (2013), MR CLEAN (2015), ESCAPE (2015), EXTEND-IA (2015), SWIFT PRIME (2015) und REVASCAT (2015). In diesen Studien wurden Patienten mit Verschlüssen des vorderen Hirnkreislaufs behandelt und zwar 1.312 mit EVT und 1.107 mit intravenöser Thrombolyse (Alteplase oder Urokinase). Die mittlere Zeit vom Beginn der Symptome bis zur Randomisierung betrug 3,7 Stunden (± 67 Min.) und bis zur Punktion der A. femoralis 4,1 Stunden (± 58 Min.). Bei allen Patienten wurde vor Randomisierung ein natives Schädel-CT zum Ausschluss einer intrazerebralen Blutung und in sechs der acht Studien auch eine Gefäßdarstellung mittels CT, MRI oder Angiografie durchgeführt. Als primärer Endpunkt der Metaanalyse galt der Anteil der Patienten mit „funktioneller Unabhängigkeit“ (geringe Behinderung) nach 90 Tagen, also Patienten mit 0-2 Punkten auf der modifizierten Rankin-Skala (mRS). Diese Skala umfasst 0-6 Punkte, wobei 0 keine Symptome bedeutet, 2 eine leichte Beeinträchtigung ohne die Notwendigkeit einer Hilfe und 6 den Tod (vgl. 7). Schlaganfalltherapie bei Fussheberschwäche
Ergebnisse: Die EVT verbesserte nach drei Monaten im Vergleich zur alleinigen Thrombolyse den Anteil von Patienten, die nicht auf fremde Hilfe angewiesen sind, signifikant: 42,4% vs. 31,7% (Odds ratio = OR: 1,73; 95%-Konfidenzintervall = CI: 1,18-2,53; p = 0,005). Die Number needed to treat (NNT) betrug 9,3. Wenn nur die fünf aktuellsten RCT analysiert werden, sieht das Ergebnis noch günstiger aus: 46,1% vs. 26,2% (OR: 2,42; NNT = 5). Die Letalität wird durch die EVT nicht nachweislich gesenkt, wobei sich in den fünf neuesten Studien ein kleiner, nicht-signifikanter Überlebensvorteil abzeichnet (14,5% vs. 17,3%; CI: 0,54-1,18). Eine symptomatische sekundäre Hirnblutung kommt bei der EVT ähnlich häufig vor wie bei einer systemischen Thrombolyse (5,1% vs. 4,8%). Die spezifischen Risiken der EVT sind: iatrogene Embolisierung des Thrombus in andere Hirnareale (3,9%), Hämatome in der Leiste (3,8%) und arterielle Dissektionen oder Perforationen (4,9%). Quelle: DER ARZNEIMIATTELBRIEF |